Sonntag, 22. September 2013

Der Anfang vom Ende in Montreal

Nach 4 Tagen Zugfahrt war ich froh, endlich für mehr als nur einzelne Minuten aus dem Zug aussteigen zu können. Der Bahnhof liegt im Herzen von Downtown Montreal, nur wenige Gehminuten vom Hostel entfernt, in welches wir uns für die nächsten Tage einquartiert haben. Nachdem wir dem Irrgarten des Bahnhofes entflohen waren, dabei unsere bepackten Fahrräder Roll- und normale Treppen hochschleppen mussten, schlug uns, endlich im Freien angelangt, unglaublich dicke, feucht-warme Luft entgegen. Wir hatten uns durch den klimatisierten Zug und Bahnhof täuschen lassen und trugen nun viel zu warme Kleidung, deren wir uns sofort entledigen mussten um noch einen gravierenden Hitzestau abwenden zu können.

Der 6-er Raum im Hostel war keine Augenweide, trotzdem bot er einen nicht zu unterschätzenden Luxus, eine Liege, in welcher es mir möglich war, mit gestreckten Beinen schlafen zu können. Und ich schlief gut, in dieser ersten Nacht im Hostel, liegend und mit gestreckten Beinen. Im besagten 6-er Raum hatte sich unter anderem auch noch George, Amerikaner aus Seattle, einquartiert. Ein rüstiger Rentner, der sich in seinem hohen Alter von 85 Jahren im Trubel von günstigen Hostels wohler fühlt als in teuren Hotels und neben Italienisch, Deutsch und Spanisch jetzt Französisch an der Universität für $25 pro Quartal lernt und während den Schulferien die halbe Welt bereist. Bewundernswerter Kerl...

Montreal bietet einiges, schöne Altstadt, pulsierende Kulturstadt, schrille Partystadt und ruhige Parkstadt - aber sofort spürbar, auch etwas Frankreich. Es ist nicht nur Französisch, welches hier mehrheitlich gesprochen wird, es sind die Leute, die sich hier so offener und impulsiver geben als noch im Westen, es sind die vielen kleinen Restaurants mit Gartensitzplatz in welchen gegessen wird und es sind die Einkaufshäuser, in welchen man plötzlich so viel mehr unterschiedliche Käse, Brote sowie Früchte und Gemüse erhält. Dies bestätigt auch Roger, der Bruder von Nicole (Yolandas Freundin) mit dem wir uns in einer Bar verabreden. Er arbeitet seit 5 Jahren in Montreal an der Universität, schliesst nun bald seinen Doktortitel in theoretischer Physik ab (kreiert neues Material, welches erst theoretisch vorhergesagt wurde) und ist ein Kenner von Montreal. Er zeigt uns einige gute Bars mit Livemusik, das Wohnhaus von Leonard Cohen, einem weltbekannten, kanadischen Idols aus den 60iger Jahren und führt uns durch idyllische Gassen, fernab des hektischen Treibens.

Uns zieht es weiter. Nach gut 3 Wochen fahrradfreier Zeit freuen wir uns auf ein letztes, grosses Abenteuer. Wir geniessen die Fahrt auf den guten Fahrradwegen, geschützt vom Verkehr und abseits des Lärms. Der Indian Summer kündigt sich vereinzelt mit feuerroten Ahornbäumen in den Wäldern bereites an. Wir pedalieren entlang des St. Lorenz Stroms Richtung Quebec und fahren immer wieder durch kleine Dörfchen, die oft eine eigene Bank, Post und Laden haben. Die kleinen Cafes und Boulangeries entlang des Weges verführen immer wieder zu kurzen Stopps. Wir übernachten vermehrt drinnen, denn nach den schwülheissen Tagen in Montreal haben wir unterwegs auch die stechenden, kalten Winde aus dem Norden kennengelernt. Dabei entdecken wir schöne und ruhige B+B und Gites.

Quebec ist nochmals viel mehr Frankreich als Montreal - mehr Frankreich vermag Nordamerika vermutlich nicht erdulden. Hier gibt es an jeder Ecke Strassenkünstler, die sich singend, musizierend und malend den Weg in die Herzen der Passanten und somit in deren Geldbeutel suchen. Die Altstadt, mit dem markanten Wahrzeichen, dem Hotel Fairmont le chateau Frontenac, zieht aber-tausende Touristen zum Flanieren an. So auch an jenem Tag, an dem 4 Kreuzfahrtschiffe vor der Stadt vor Anker gehen, darunter auch die Queen Mary 2, die am Abend dann wieder pompös und stolz an der Altstadt vorbeizieht. Wir geniessen die Zeit dort sehr, auch wenn wir nur einen Tag in der Stadt verbringen - so zu sagen aus Kostengründen.

So einfach wie die Fahrt in die Stadt war, so einfach führt auch der Weg aus der Stadt hinaus. Alles auf Fahrradwegen geführt gelangen wir zur Fähre, die uns auf die andere Seite des St. Lorenz Stroms bringen wird. Von dort folgen wir diesem Richtung Nord-Westen bis wir nicht mehr wollen bzw. bis das Wetter es nicht mehr zulässt. Dann drehen wir Richtung Süden ab und fahren nach Boston, Endziel unserer Reise. 

Aufmerksame Leser und vermutlich einige Bewohner aus Holziken haben bereits mitbekommen, dass die Tour im Westen Kanadas unsere vorerst Letzte auf dieser Reise sein wird. In Montreal haben wir uns definitiv entschieden; Mitte November gehen wir in die Schweiz zurück (auch ohne Sixpack und Jesusbart). Der Entscheid ist uns nicht leicht gefallen, warten doch noch so viele wunderbare Plätze darauf, einfach entdeckt zu werden. Auch wenn es für Aussenstehende aussehen mag, als kämen wir nach Hause, so müssen wir uns dieses Zuhause erst wieder schaffen. So schwer es vor mehr als einem Jahr war, loszulassen, Verbindungen zu kappen, sich zu trennen und Dinge zurück zu lassen, so anspruchsvoll wird es nun sein, mich festzuhalten, Verbindungen neu zu binden und aufzuholen. Denn nicht alles Zurückgelassene möchte ich wieder an mich binden, es soll doch stehts Platz haben für Neues.
Doch während den vielen fahrradfahrenden Stunden im vergangenen Jahr haben sich uns eigenste Träume, Wünsche und Ideen offenbart, die uns mit der Heimat verbinden und uns nun dorthin zurückführen. Wir freuen uns sehr auf das neu zu entdeckende Altbekannte und die Nähe zu unseren Familien und Freunden. Wir wünschen uns nun eine grosse Familie mit eigenem Daheim und träumen vom Realisieren unzähliger neuer Ideen wie: Passfahrt mit Rennvelo, ‘Pilgerreise’ zu Fuss, mehrtägige Reise von Hütte zu Hütte in den Alpen, Mountainbike-Tour in den Bergen, Gitarre spielen, Radtour nach Istanbul, Besuch von Disney World in Florida, unser eigenes Haus selber bauen, meine Fahrräder selber reparieren, einen grossen Garten pflegen, ein eigenes B+B haben, Skulpturen realisieren, Buch schreiben, Künstler werden, die Geschichte der Schweiz kennen, Unterricht in Qi Gong, Tango lernen, Französisch und Spanisch lernen, Achterbahn für den Europapark planen, Zeit haben...

Wer keine Träume hat, der lebt nicht mehr! Oder...?







erste Anzeichen des Indian Summers

B+B von uns getestet

Zugbrücke bei Quebec

Ausblick auf Parlamentsgebäude von Quebec

Hotel Le Chateau Fronternac (nicht von uns ausprobiert)

im Alten Quebec

Skyline von Quebec

Queen Mary 2 bei der Ausfahrt

Sankt-Lorenz Strom

Montreal Downtown

Yolanda im Zwiegespräch 

Höhepunkt: 13'750 km


Donnerstag, 12. September 2013

Eine kleine Runde mit dem Auto drehen

Auf der Suche nach einer Autovermietung in der Stadt fragen wir in der Touristeninfo in Vancouver nach. Die unwissende Dame verweist uns dann aber aufs Internet, weil wir dort sicher eine Autovermietung finden werden. Als wir persönlich bei einem im Internet gefundenen AVIS Schalter in Downtown vorbeigehen und nach einem günstigen Auto nachfragen, werden wir etwas von oben herab bedient und mit einem viel zu teurem Auto abgespiesen. Wir sagen danke und buchen übers Internet ein Fr. 300 günstigeres Auto. 

Einige Tage später beginnen dann unsere fahrradfreien Ferien. Wir geniessen das Cruisen aus der Stadt, in den Rocky Mountains. Wir haben uns einige Ziele entlang auf dem Weg gesteckt. Unser Hauptziel ist jedoch die Ranch, auf welcher Janina momentan arbeitet. Und dort kommen wir auch nach einigen Pässen, 3 Tagen und rund 1400 km Autofahrt an.

Wir geniessen die Zeit mit Janina, helfen beim Putzen der Cabins, hagen neue Gebiet ein und helfen Kühe ‘einzutreiben’. Wir kochen gemeinsam und plaudern viel und lang. Ginny und Randy, die Chefs der Ranch sozusagen, erweisen sich als äusserst gemütliche Persönlichkeiten. Wir sitzen abends oft gemeinsam am Tisch, Essen und Witzeln bis in alle Nacht hinein. Höhepunkt ist sicherlich der 2 stündige Ausritt in die Praerie. Es ist vermutlich das erste Mal, dass ein Pferd mehr oder weniger das macht, was ich will und es fühlt sich gut an - auch wenn der Hintern nach 2 Stunden leicht schmerzt.

Auch wenn uns Ginny und Randy sofort adoptieren wollen, müssen wir weiter. Wir haben das Auto nur einige Tage gemietet und wollen noch Freunde einer Freundin von Yolanda auf einer Ranch besuchen. Die Ranch von Kathleen und Bob liegt wunderbar abseits vom Verkehr in der Nähe von Kamloops. Hier wurde der Film “Unfinished life” mit Robert Redford, Jennifer Lopez und Morgan Freeman gedreht. Es ist witzig zuzuhören, welche Geschichten Kathleen über JeLo, Robert und Morgan zu erzählen weiss. Wir dürfen bei ihnen im Haus übernachten, erhalten ein grosszügiges Essen (Lachs und Krabben) und ein Dessert im Kreise der Familie und deshalb sind wir froh, können wir uns am nächsten Tag etwas behilflich zeigen. Wir demontieren Wasserleitungen, die auf den riesigen Feldern liegen und vor dem Mähen jeweils entfernt werden müssen. Auf unsere Frage wie gross die Ranch sei, meint Kathleen nur “riesig”. Sie weiss die genaue Fläche nicht, aber sie meint etwas von mehreren tausend Acres. 

An unserem letzten Abend mit Auto überrascht uns ein heftiger Regen auf einem kurzen Spaziergang und wir kommen klitschnass zum Zelt zurück. Wir beschliessen die nassen Kleider im Auto irgendwie zum Trocknen aufzuhängen. Als es eindunkelt schlage ich Yolanda vor, das Auto und die Klimaanlage nur kurz zu starten um die Feuchtigkeit aus dem Auto zu bringen. Ich lehne mich also ins Auto, drehe den Schlüssel um den Motor zu starten und schliesse die Türe um im selben Moment zu bemerken, dass sämtliche Türen verschlossen sind. Yolanda und ich sehen uns mit grossen, sehr grossen Augen an, versuchen noch irgendwie eine Türe zu öffnen, jedoch ohne Erfolg. Der Schlüssel steckt im Auto, all unser Hab und Gut ebenfalls, auch die Nummer für die extra abgeschlossene Road-Safety-Versicherung, der Motor läuft und auf dem Zeltplatz wird es langsam aber sicher Nacht. Wir fragen uns von Zelt zu Zelt durch, bis uns jemand helfen kann. Nach einigen Telefonaten und Erklärungen und einer Stunde Wartens trifft dann eine Abschleppfirma ein, die in der Lage ist, die Türe zu öffnen

Wir wollen Bären sehen und deshalb fahren wir über Lilooet nach Whistler. Vor 4 Jahren, als wir das letzte Mal hier waren, wimmelte es nur so von Bären, angezogen von den tausenden von Lachsen im Fluss. Dieses Mal ist der Fluss noch leer, wir sehen nur vereinzelt Lachse, die konkurrenzlos hochschwimmen - aber leider keine Bären. Wir sind etwas enttäuscht und fahren nach Squamish, wo wir Bob von Vancouver Island besuchen wollen. Vor Squamisch biegen wir ins Paradies Valley ein um dort am Fluss mittagzuessen. Als wir die kleine Böschung hochlaufen und der Blick auf das Wasser frei wird, sehen wir dutzende - nein hunderte - Lachse im Wasser. Etwas weiter flussaufwärts sehen wir einen kleinen Bach einmünden und erkennen schon aus der Ferne das sprudelnde Wasser. Entgegen einigen Verbotsschildern machen wir uns auf den Weg zum Bach und stehen schon bald an diesem seichten Gewässer, welches mit hunderten von kämpfenden Lachsen gefüllt ist. Jeder Lachs der sich hier hochquält, verendet auf dem Weg oder etwas später am Ziel. Dementsprechend riecht es auch schon bereits. Es ist bewundernd zu sehen, mit welchem Drang die Fische ihr Ziel zu erreichen versuchen. Auch wenn wir keine Bären gesehen haben, so war diese Lachswanderung dennoch sehr eindrücklich

Eindrücklich ist auch Bob’s Zuhause, welches er seit Jahrzehnten am Renovieren ist. Er steckt sein Vermögen aus seinen Geschäften in sein Schloss um es später verkaufen zu können. Alles ist einmalig, speziell und handgearbeitet. Er zeigt uns sein Heim und wir staunen. Die Führung endet auf dem runden, mittelalterlich wirkenden Turm von wo aus man sein Eigentum überblicken kann. Dazu gehören auch kleine Bäche, die dieses Jahr zum ersten Mal um diese Jahreszeit mit Lachsen gefüllt sind. Bob erklärt uns, dass die Natur nicht alle Lachse an ihren Geburtsort zurueckwandern lässt. Rund 10% der Lachse erhalten ein anderes Ziel der Wanderung vorgegeben. Somit sichert die Natur den Fortbestand der Lachse, auch bei Krankheiten oder Gewässerverschmutzungen oder anderen unvorhersehbaren Dingen. Cool, nicht wahr?

Wir geben das Auto zurück, viel zu spaet, aber das merkt niemand. Und auch unsere Rechnung vom Türöffnen wird anstandlos beglichen. Wir geniessen noch einige Tage in Vancouver. Holen unsere Fahrräder wieder zurück und bereiten uns auf 4 Tage Zugfahren vor. 

Noch einmal im Thomas Haas 

Ausblick auf die Lions Gate Bridge

Der Fahrer

die Navigatorin ;-)

einmal anders unterwegs sein

wieder einmal auf einer Fähre 

hat mich erwischt - der grösste Truck der Welt. 

Arbeit am Morgen - Pferde eintreiben

gemuetliches Zusammensein - Ginny, Randy, Janina und ich

Cowboy - na ja, her nicht.

Aus diesem Stall kommen gerade Paul Newman and Morgan Freeman

Bob und Kathleen
 

auf dem Weg nach Whistler

und das auch.

in Whistler

mit Bob auf dem Turm

Bobs bescheidenes Haus ;-)
Lachswanderung

Mittwoch, 11. September 2013

Nun kann's weitergehen...

Bis Vancouver ist unsere Reise klar aber danach nicht - absolut nicht. 
So radeln wir also wieder einmal einfach so dahin, als ich Yolanda frage, weshalb gehen wir nicht nach Ostkanada, wir wollten doch schon immer einmal dorthin, es ist der richtige Moment für den Indian Summer und wir könnten mit dem Zug fahren! Wir hatten bis zu diesem Tage diese Möglichkeit noch nie in Betracht gezogen und dennoch hatte sie die gleiche Idee etwas früher an diesem Tag. Nun plötzlich schien also die richtige Lösung gekommen zu sein, wir beide fühlten es! Es machte einfach Sinn! Also auf nach Vancouver, Fahrräder einstellen, Auto mieten und Janina in Lunbreck Alberta besuchen und Zug nach Montreal reservieren!

Mit diesem neuen Ziel vor Augen kurbelten wir die letzten Kilometer auf Vancouver Island herunter und bestiegen die Fähre zum Festland. Die Fahrt entlang der Küste zwischen Horsshoe Bay und Vancouver war toll. Immer wieder konnten wir die Skyline von Vancouver und die Lionsgate Bridge in der Ferne ausmachen. Dort lag auch unser vorübergehendes Ziel, der Campingplatz direkt an der Nordseite der Lionsgate Bridge - kein idyllischer Platz, aber ein praktischer Ort zum Erkunden der Gegend und zum Erledigen. 

Zum Einstellen der Fahrräder hatten wir Thomas Haas erkoren. Ein Name der in Vancouver für hochklassige Konditorei und Confiserie steht. Es vergeht vermutlich kein Monat, in dem dieser Thomas Haas nicht irgendwie positiv in den Medien erscheint. Durch Jürg, Yolandas Bruder, und seine Frau Nadin, die dort gearbeitet hatten, haben wir Thomas vor 4 Jahren kennengelernt. Wir haben Thomas bereits per Mail informiert und vorgewarnt, bevor wir dann zum Laden in Nord Vancouver radelten. Er erkennt uns nicht auf den ersten Blick, nah klar! Aber nach kurzer Erklärung fällt seine Begrüssung unglaublich herzlich aus. Trotz emsigem Treiben in seinem Verkaufsladen nimmt er sich für uns Zeit, setzt sich zu uns, diskutiert über unsere Reise und über sein Geschäft, macht Fotos von uns und unseren Fahrrädern und lädt uns mehrmals zum Trinken und Essen ein. Wir verabreden uns einige Tage später zum Fahrradeinstellen in seiner Garage. Als wir dann am Montag bei ihm eintreffen sind nur seine wohlerzogenen Kinder zuhause. Nach einem kurzen Telefonat mit ihm ist klar, Thomas schafft es nicht nach Hause. Ein Kühler hat über das Wochenende den Geist aufgegeben und sämtliche Ware ungeniessbar werden lassen. Viel Arbeit steht bevor und Thomas bricht am nächsten Morgen zusätzlich noch nach Spanien auf. Wir können unsere Fahrräder aber dennoch bei ihm einstellen. Und als Dank, dass wir seine Garage benutzen können, lädt er uns nochmals zum Frühstück ein!

Wir haben uns verabredet, in der Old Spaghetti Factory in Gas Town, Vancouver (Tipp von Rita). Urs, mit dem wir in Südamerika einige Zeit gereist sind, ist in Vancouver eingetroffen. Eigentlich ist er extra wegen uns nach Vancouver geradelt. Ansonsten hätte er sich vermutlich direkt weiter Richtung Süden geschlagen. Er ist von Peru nach Anchorage geflogen und will nun nach Costa Rica. Das letzte Mal haben wir ihn in Santiago de Chile getroffen und nun gibt es viel zu erzählen. Wir geniessen das gemeinsame Nachtessen und verabreden uns für den nächsten Tag zum Mittagessen und einer letzten kurzen gemeinsamen Radtour entlang der Kueste Vancouvers. Wir lassen uns im immensen Strom der Fahrradfahrer bis zum Stanley Park mittreiben. Kurz vor der Lions Gate Bridge verabschieden wir uns von ihm und wünschen ihm alles alles Gute auf seiner Fahrt Richtung Süden. 

Noch auf Vancouver Island hatten wir ein Hotel in Vancouver gebucht, günstig und dennoch recht zentral an der West Hastings Street gelegen. Selbstverständlich steht nirgends geschrieben, dass entlang der West Hastings vermutlich das übelste Quartier von Vancouver Downtown liegt. Auf jeden Fall drehen wir mit unseren Fahrrädern um noch bevor wir das Hotel erreichen, geschockt von allgegenwärtiger Armut, Vernachlässigung und Prostitution. Yolanda will nicht mehr zurück an diese Strasse und nur mit gutem Zureden gelingt es mir, sie zu überzeugen auf einem anderen Weg, wenigstens das Hotel von aussen anzusehen. Wir schaffen es und sind überrascht über das gute Hotel, selbst das Fruestueck ist gut und im Preis inbegriffen. Dennoch wollen wir nicht jeden Abend aus Sicherheitsüberlegungen mit einem Taxi zum Hotel gebracht werden und beschliessen, nur eine Nacht zu bleiben und dann wieder zurück zum Campingplatz zu fahren. 

Zusammen mit Urs in Vancouver

Vancouver

Ausblick von Nord Vancouver auf Downtown

andere Ausblicke - feine Desserts bei Thomas Hass

Thomas Hass nimmt sich viel Zeit für uns

noch einmal gemeinsam unterwegs -  Urs, Yolanda und ich

Totempfaehle im Stanley Park

Dienstag, 10. September 2013

By By Vancouver Island

Da stehen die Beiden lässig an den Pickup angelehnt und warten offensichtlich auf uns. Urs hat die gehisste Schweizer Flagge an Yolandas Fahrrad beim Überholen sofort erspäht und spontan angehalten um mit uns zu plaudern. So stehen wir nun am Seitenstreifen, im Nirgendwo zwischen Port Hardy und Campell River und plaudern mit Urs und seinem Bruder Peter auf schweizerdeutsch. So spontan wie er angehalten hat, so spontan lädt Urs uns zu sich nach Hause ein. Zwei Tage später stehen wir vor dem Haus und weil scheinbar niemand zuhause ist, tun wir uns etwas schwer, das geschlossene Tor zu öffnen und auf den Kiesweg zu fahren. Vor der Haustüre stehend, entdecken wir den an uns ‘adressierten’ Zettel mit dem ungefähren Wortlaut: “Wir sind im Moment nicht da, kommen aber später wieder nach Hause. Der Schlüssel liegt unter der Matte auf der ihr steht. Euer Zimmer ist hinten links. Macht es euch gemütlich!” 
Verblüfft über diese offene und unkomplizierte Art der Begrüssung, packen wir unsere Fahrräder ab und quartieren uns im besagten Zimmer ein. Dann begutachten wir den grossen Garten, spähen in das Töpferatelier hinein und geniessen die Ruhe an diesem schönen Ort. Wenige Augenblicke später fahren auch die Besitzer dieses Heimes vor. Urs, den wir bereits getroffen haben und seine Frau Charlotte wohnen hier an diesem Ort nun seit fast 30 Jahren. Peter ist für 3 Monate zu Besuch, das erste Mal überhaupt. Wir haben am parkierten Auto ein aufgeklebtes Aargauer Wappen gesehen und sprechen Charlotte darauf an. 
“Ich bin in Aarau aufgewachsen”, antwortete sie uns. 
“Ich auch!”, erwidert Yolanda. 
“Ja wie heisst denn deine Familie?”, wollte nun Charlotte wissen. 
“Günthart.”, antwortete Yolanda. 
“Aber nicht Dr. Günthart? Oder?” - “Nein, nicht Dr. Guenthart.” 
“Dann kenn ich nur noch Kaethy Guenthart!” sagt Charlotte und unser aller Augen werden riesig!
“Das ist meine Mutter!” strahlt Yolanda. 
Ist das nicht der helle Wahnsinn! 
Während den Tagen die wir bei Charlotte und Urs bleiben dürfen, werden wir kulinarisch verwöhnt, und können uns ein wenig mit Holz hacken und Holz stapeln nützlich machen. Urs weiss viele Geschichten aus seiner Tätigkeit als Koch zu erzählen und auch Charlotte weiht uns etwas in ihr Hobby die Töpferei ein. Peter geniesst hier seine ersten Tage seiner Pension, plant dennoch ein kurzes Comeback in seinem alten Job. Ihn werden wir bestimmt einmal am Weihnachtsmarkt in Bremgarten, am Stand der Männerriege, besuchen! Besten Dank für die grosszuegige und unkomplizierte Gastfreundschaft!

Vancouver Island ist die Feriendestination schlechthin und das spüren wir nun auf den Strassen. Während vermutlich alle Besucher der Insel über die Ruhe, die pure Natur und die besondere Stimmung schwärmen, jammere ich über den starken und schnellfahrenden Verkehr, die fehlenden Seitenstreifen und die damit verbundene Gefahr, den Lärm und die Topografie. Vancouver Island ist keine Insel für unserlei Fahrradfahrer! Und obwohl es uns Richtung Vancouver zieht, machen wir dennoch einen kleinen Abstecher nach Port Alberni. Die Fähre von dort nach Ucluelet soll toll sein - und sie ist es auch. Wir sehen Bären, Wale und einen Seelöwen, geniessen die Sonne, die Fahrt durch die Broken Island Group sowie die Ruhe und Verlassenheit, die Vancouver Island an so manchen Stellen noch zu vermitteln vermag. 


Yolanda und ich machen es uns nicht leicht, wenn wir gemeinsam eine Lösung suchen. Schon seit Wochen diskutieren wir duzende Möglichkeiten, verwerfen sie, nehmen sie etwas verändert wieder auf aber nichts scheint uns beiden zu passen. Irgendwie sind unsere Lösungen einfach nicht stimmig. Aber uns steht eine grosse Entscheidung bevor, was tun nach Vancouver...


und wieder 250 Kilometer mehr - 13250 km total. 

steile Strasse nach Port Alberni - und wir müssen den gleichen Weg zurück :-(

wir geniessen die Fährfahrt nach Ucluelet 

auf der Frances Barkley geniessen wir einen ungewöhnlichen Sonnentag 

ups... wer ist denn das?

Selbstauslöser - 10 Sekunden Zeit um ins Wasser zu kommen 

und weider auf einem anderen Schiff

Peter, Urs und Charlotte (und ich)

Buckelwal bei Vancouver Island ( beiPort McNeill)