Samstag, 26. Oktober 2013

Unterkunft gesucht, schwer gemacht

Es gibt 2 neue Kurzgeschichten aus dem Bereich 'Unterkunft gesucht, schwer gemacht' zu erzählen.

Die 130 Kilometer lange Fahrt nach Saint-Stephen, direkt an der Amerikanischen Grenze, haben wir suverän gemeistert, obschon die ersehnte Abfahrt Richtung Meer durch fiese Gegenanstiege immer wieder unterbrochen wurde. Es war schon spät, als wir an unserem per Internet vorbestimmten Übernachtungsort angekommen waren. Der 'nette' chinesische Besitzer zeigte uns sogleich ein Zimmer auf der Rückseite des Motels. Dieses Zimmer stank jedoch so sehr nach Rauch, dass wir uns geweigert haben in diesem Zimmer zu übernachten. Er brummte etwas von schlechten Kunden die in seinen Zimmern rauchen und machte sich auf den Weg zu einem weiteren Zimmer im Nebengebäude. Vor der Türe angekommen stellte er schockiert fest, dass jemand diese aufgebrochen hat und die Betten zerwühlt waren. Nach einem kurzen Kontrollgang stellte er fest, dass niemand mehr im Raum sei und zur Übernachtung sicher sei. Mit ungläubigem Kopfschütteln weigerten wir uns auch diesen Raum anzunehmen und hätten den letzten gezeigten Raum ebenfalls nicht akzeptieren sollen. Wir waren jedoch so müde, dass wir uns dieser bizarren Situation ergaben und schlaflos die letzte Nacht in Kanada in einem schäbigen Raum verbrachten.

Während wir in der letzten Geschichte wenigsten noch eine Unterkunft hatten, so gelang es uns bei dieser Geschichte nicht einmal eine Übernachtung zu buchen. In East Machias haben wir in einem traumhaften B&B übernachtet. Zur nächst grösseren Stadt waren es wieder etwas mehr als 100 Kilometer. Glücklicherweise hatten wir per Computer ein günstigeres B&B etwa auf halber Strecke gefunden. Guten Mutes riefen wir die Nummer des B&B's mit unserem Computer an. Als sich der Telefonanrufer meldete versuchten wir die Nachricht zu verstehen. Wir wählten die Nummer noch einmal und horchten den schnellen Worten des Anrufbeantworters. Als wir beim vierten Mal sicher waren, dass wir alles verstanden hatten und nun die neue Nummer wählen wollten, nahm jemand auf der anderen Seite ab ohne etwas zu sagen. Erst als ich mich meldete brach die gute Frau los, wir sollen endlich aufhören sie mit Telefonanrufen zu belästigen, vier Mal haben wir angerufen, es sei eine Schweinerei. Als ich ihr unsere Situation, den Wunsch einer Reservation und die vielen Anrufe erklären wollte, unterbrach sie ohne ein weiteres Wort zu sagen die Verbindung. Auch auf eine nachher geschriebene E-Mail haben wir noch keine Meldung erhalten.
Ist das nicht etwas zu paranoid für eine B&B Besitzerin?

Na ja, wir haben Liz, der Besitzerin des B&B's in East Machias, unsere Situation erklärt und uns entschlossen noch weitere 3 Nächte bei ihnen zu bleiben und sie hat uns im Gegenzug angeboten, uns mit dem Preis entgegen zu kommen und uns danach bis ins ca. 130 Kilometer entfernte Bucksport im Pick-Up mitzunehmen. Das sind noch richtige B&B Besitzer! Ganz herzlichen Dank! Mit dieser Fahrt hat sie uns aus dem, wie Eddy am Telefon gesagt hat, 'armen' Teil von Maine gefahren. Seitdem tun wir uns etwas leichter mit der Suche nach Unterkünften. Aber die Preise für eine überdachte Übernachtung sind gesalzen und gepfeffert und wir wissen nie genau, was wir für unser Geld erhalten.

Das Wetter ist für diese Jahreszeit toll. Obschon die Temperaturen täglich sinken, vermag die Sonne uns immer noch aufzuwärmen. Seit Wochen haben wir keinen Regen mehr erlebt, was überhaupt nicht normal ist, meinen die Leute, die wir treffen. Wir nehmen es wie es kommt. Auch die teilweise kräftigen Winde, die die farbenfrohen Blätter aus den Baumkronen blasen, und selbstverständlich von Süden her, vermögen unsere Stimmung nicht trüben.

Wir folgen nun bis Boston dem East Coast Greenway. Dieser Trail führt vom Norden Amerikas bis zu den Keys bei Miami und folgt meistens Nebenstrassen oder separaten Fahrradwegen. Wir geniessen die kurzen Tagesetappen auf wenig befahrenen Strassen und wärmen uns in Cafes und Restaurants wieder auf. Es sind unsere letzten Kilometer auf Nordamerikanischem Boden. In wenigen Tagen kommen wir in Boston an, unserem vorübergehenden Endziel unserer Reise (das musste ich jetzt nun so schreiben, da man ja nie weiss, wie es weitergeht).

So wie wir am 15. Juli 2012 aufgebrochen, so fahren wir mit unseren bepackten Fahrrädern nach 483 Tagen 'Ferien' am 10. November 2013 um ca. 16 Uhr in der Matte 8, 5043 Holziken ein.
Vielleicht sehen wir uns dann kurz...

Fahren im Herbst

Herbststimmung 

Farmstand mit Halloween-Kuerbissen 

Eine Rast direkt am Meer

15'250 Kilometer Pause

in der Naehe von East Machias

erledigt!

Zimmer in B&B in East Machias

Trail mit faustgrossen Kieselsteinen

Yolanda auf dem East Coast Greenway

Freitag, 11. Oktober 2013

Quebec und New Brunswick

Ach, wie ich die Zeit in Quebec vermisse. Wie schön waren doch die Tage, als wir noch am Sankt Lorenz Strom entlang radelten, überall eine vernünftige Bleibe für die Nacht fanden und uns in kleinen und guten Cafes verwöhnen lassen konnten.

Wir haben die Vorzeichen zu wenig ernst genommen. Das erste Mal passierte es uns in Mont-Joli, einer doch respektablen Stadt in Quebec. Naiv wie wir sind, steuerten wir die Touristeninformation an und fragten die nette Dame wo wir denn hier übernachten könnten. Ihre Antwort klingt immer noch in meinen Ohren. "Hier in Mont-Joli gibt es keine Unterkünfte!" Die nächste Unterkunft in unsere Richtung sei ein B+B etwa fünf Kilometer ausserhalb der Stadt, bergaufwärts!
Seit dieser Zeit informieren wir uns vor der Abfahrt, wo es welche Unterkünfte und zu welchem Preis gibt und seit wir in New Brunswick unterwegs sind, noch intensiver. Denn hier in New Brunswick haben nebst allen touristischen Attraktionen, auch die meisten Campingplätze und sogar manche Motels geschlossen und dies nicht etwa wegen einem 'Goverment Shutdown'.
Das elende Thema mit den Unterkünften hat heute eben den Höhepunkt erreicht. Wir wollen von Fredericton nach Saint-Stephen radeln, ca. 130 km,  und haben uns nach Unterkünften auf dem Weg informiert. Es gibt zwei, ein B+B, welches wir telefonisch oder per Mail nicht erreichen können und ein Motel, welches gar nicht mehr existiert. Also haben wir uns entschieden, Morgen die ganze Strecke an einem Tag zu fahren!
New Brunswick ist sowieso ein ganz spezieller Staat. In New Brunswick wird englisch und französisch Gesprochen und zwar je nach Lust und Laune in jedem Dorf wieder ein bisschen anders. Man erkennt den Wechsel am ehesten an den örtlichen Reklametafeln die entweder englisch oder französisch angeschrieben sind. Und die Zeit ist anders als noch in Quebec - eine Stunde vor, mussten wir die Zeit neu stellen. Und wer hier den französischen Flair sucht, findet diesen nicht. Hier ist wieder Amerikanisch in - grosse Pick-Ups, laute ATV (4-Rad Motorräder), Fastfood, keine hübschen Cafes sondern Tim Hortons und keine Gartensitzplätze bei Restaurants.

Genug gemault... die Landschaft hier ist phänomenal. Die Wälder haben in wenigen Tagen ihre Farbe gewechselt und die warme Herbstsonne, die hier seit 14 Tagen tagsüber fast ununterbrochen scheint, lässt die rot-goldenen Baumkronen kilometerweit leuchten. Es ist ein stilles Spektakel, das sich vor unseren Augen abspielt. Wir geniessen die Fahrradfahrt unter der wärmenden Sonne und umgeben von dieser Farbenpracht. Das Wetter entlohnt für so manches was wir sonst erleben auf unserer Fahrt (als Fahrradweg markierte Trails, die den Kiespisten Patagoniens in nichts nachstehen). Doch wir werden auch ab und zu gewarnt, dass Mitte Oktober der Winter hier einbrechen kann. Doch Schnee wollen wir hier doch 'noch' nicht erleben und deshalb zieht es uns schneller Richtung Süden, Richtung Main (USA).

Durch die intensive Übernachtungssuche nächtigen wir ab und zu in B+B's und sind fasziniert von den schönen und verhältnismässig günstigen Zimmern und der Freundlichkeit der Gastgeber. Eine Gastgeberin zum Beispiel nimmt uns in ihrem Auto auf eine 1-stündige Tour durch die Wälder Quebecs mit. Die Frühstücks sind oft so grosszügig, dass wir nicht immer alles zu essen vermögen. Ich geniesse diesen positiven Nebeneffekt, der uns die mühselige Suche eben auch bringt.

In vier Wochen ist es bereits so weit. Und deswegen beschäftigt uns unsere Heimkehr in die Schweiz mehr, als wir vermutet hätten - wie wollen wir leben, wo wollen wir leben und was wollen wir tun? Wir haben in den letzten Wochen einige Kommentare zu unserer Heimkehr erhalten, darunter auch solche, die meinen, "Ihr kommt schon nach Hause?" Und dann erwischen wir uns mit dem Gedanken, die Reise doch noch etwas weiterzuführen. Aber das geht nicht mehr, denn wir haben bereits einen Besuch im Europapark gebucht - cool nicht!?!

Unsere Reise wird trotzdem Mitte November nicht enden, denn wir werden vermutlich noch eine Weile brauchen, bis wir Zuhause angelangt sind!

Pointe-au-Père's Lighthouse, in der Nähe von Rimouski

Unterwegs durch die Wälder Quebecs 

Ausfahrt mit unserer Gastgeberin und intensiver Facebook-Userin

Kirche von Sainte-Florence

Grenzfluss zwischen Quebec und New Brunswick - 14'500km

Farbenpracht

'Veloweg' in New Brunswick 

Übernachtung im B+B, immer etwas Spezielles

14'750km 

15'000 gefahrene Kilometer!