Mittwoch, 20. November 2013

Die letzten Tage unterwegs

Die Fahrt auf dem Greenway, dem Fahrradweg bis nach Florida, geniessen wir. Wir treffen immer vermehrt interessierte Leute, die uns nach dem wohin und woher ausfragen. Wir verfahren uns nur sehr selten und der Strassennamen-Spickzettel, den wir jeweils am Abend zuvor vom Computer abschreiben, hilft uns sehr! So gelangen wir immer wieder auf gute Trails, oder Nebenstrassen, die durch ruhige und schöne Quartiere führen. Leider haben wir so ganz ohne Detailkarte oft keine Ahnung, wo wir genau stecken und müssen und dann ganz und gar auf unseren Spick verlassen. Die Probleme eine Übernachtung zu finden sind vergessen. Wir buchen frühzeitig online, so erhalten wir die besten Zimmerpreise. 

In Salem, in welchem vor einigen Jahrhunderten noch ‘sogenannte’ Hexen verbrannt wurden, gedenken die Leute diesen Gräueltaten, indem sie sich um die Zeit von Halloween verkleiden. Aus dem ganzen Lande reisen Leute an, um das alte Hexenhaus und den Hexenmarkt zu besuchen. Unter den verkleideten Gestallten fallen wir daher mit unseren beladenen Fahrrädern kaum auf. 


Wir dürfen bei Andrea und Bruce übernachten, selber begeisterte Fahrradfahrer und Warmshowers, die ihre Hochzeitsreise auf Fahrrädern verbracht haben - von Paris bis nach Istanbul ging die Reise. Sie berichteten unter anderem wie sich Andrea mit Fäusten auf Kühlerhauben schlagend, den Weg durch den dichten Strassenverkehr von Istanbul bahnen musste. Sie kochten eine leckere Gemüselasagne und boten uns feinen Wein an. Nach einer geruhsamen Nacht in einem wunderschönen Zimmer durften wir ein leckeres Frühstück geniessen. Bruce begleitete uns dann mit seinem Fahrrad zur Fähre von Salem nach Boston. Wir hatten uns entschieden, nicht den komplizierten Weg nach Boston mit dem Fahrrad zu nehmen sondern mit der Fähre direkt ins Zentrum von Boston zu fahren. 


Mitten in Downtown in Boston haben wir uns in der Jugendherberge einquartiert. Das Hostel bietet alles was man sich nur denken kann. Fernsehraum, Billardtisch, grosse Küche, saubere und grosse Zimmer, einen Platz für unsere Fahrräder und dies für relativ wenig Geld. So verbringen wir 3 Nächte in Bosten und kundschaften die Gegend aus. Wir haben von Andrea und Bruce erfahren, dass sich der Präsident, Barack Obama, am Mittwoch in Bosten aufhalten werde, für eine kurze Rede. Wir schlendern an diesem besagten Mittwoch so durch Downtown Boston als uns die vielen Polizisten auffallen, die verhindern sollen, dass Passanten die Strasse überqueren. Wir warten etwa 10 Minuten, bis ein Autokolonne sich den Weg durch die Stadt bahnt und der Weg wieder freigegeben wird. Wir entscheiden uns, der Autokolonne zu folgen und befinden uns schon bald in etwa 100 Meter Entfernung zum Stadthaus und gesellen uns zu einer Gruppe Passanten. Kurz darauf erkennen wir in der Ferne den Präsidenten, der noch bevor er in die schwarze Limousine einsteigt, uns zuwinkt. Wir entscheiden uns zu F
aneuil Hall zu gehen, unwissend, dass der Präsident gerade in diesen Augenblicken eine Rede zur Obamacare hält. Wir warten wieder. die Strassen sind grossräumig abgesperrt, auf den Dächern erkennen wir Schützen und die Polizeipräsenz ist immens. Nach gut einer Stunde Wartezeit, fährt der Konvoy wieder an uns vorbei, im 2. vordersten Wagen erkennen wir wieder Barack Obama. Hierbei ist zu sagen, dass wir grosses Glück gehabt haben, denn die wenigsten Amerikaner haben ihren Präsidenten live gesehen. 

An diesem Abend gewinnen zudem die Redsocks den Titel im Baseball und das in Boston - eine Sensation für die angefressenen Fans. Wir merken nicht viel davon, einige Autos hupen sich den Weg durch die Stadt, doch die grosse Party findet auch nicht in der Stadt statt sonder etwas ausserhalb beim Baseball-Stadium. 


Wir fahren ein letztes Mal unsere Fahrräder auf Amerikanischem Grund. Wir suchen uns den Weg aus der Stadt und meistern dies wie alte Hasen. Wir suchen Eddy, der an einem Farmersmarket teilnimmt und den wir vor gut 6 Monaten in Richtung Winnipeg verlassen haben. Nun sind wir wieder da und die Freude ist riesig. Wir fühlen uns, als währen wir nie weg gewesen - als währen wir zuhause angekommen. 


Es ist wie ein altes bekanntes Zuhause. Wir dürfen unser Lager im selben Zimmer aufschlagen, wir sitzen ab Abend gemütlich beieinander und erzählen, was in den letzten Monaten so alles passiert ist. Am Tag unserer Ankunft beenden Eddy und Jane die Marktsaison und alles wird auch für sie ruhiger. Wo noch vor einigen Tagen Hektik und Trubel waren, ist nun Ruhe eingekehrt. Es gibt noch viel Arbeit bevor die beiden wieder nach Florida aufbrechen werden und sich für 3 Monate im Disney World verwöhnen werden. So finden sie aber dennoch Zeit mit uns Detektivserien zu sehen, zu shoppen und am Abend für ein Essen auszugehen. Wir geniessen die Zeit in Dighton sehr. Zu unseren Ehren ruft Bob am Sonntagabend eine Tanzveranstaltung zusammen. Wir kommen nochmals in den Genuss von Contradance - wir meistern uns zwar nicht ganz so leichtfüssig wie noch vor einigen Monaten aber dennoch passabel. Dan und Carol laden uns erneut zum Essen ein. Der gleiche Bob, der zwar die Fenster in Edy’s Schlafzimmer noch nicht fertig eingebaut und die Asphalthaufen in seiner Hauszufahrt in den letzten Monaten nicht berührt hat, nimmt seinen Kite mit und wir üben uns etwas darin. Am letzen Abend Besuchen wir nochmals das Irische Pub in Falls River und horchen den Irischen Klängen der Liveband. 


Das Abschied fällt und schwer - sehr schwer. Es ist nicht nur ein Abschied von Ed und Jane sondern auch von Nordamerika und, viel gravierender, von unserer Reise. Auch wenn es sich noch nicht so anfühlt, aber wir gehen nach Hause - in die Schweiz, die wir vor ca. 16 Monaten verlassen haben. 


Der Flug geht von Boston über Dublin in die Schweiz. Im Flugzeug schlafen wir nicht - zu unruhig sind wir beide - und so landen wir todmüde in Dublin. Das erste Mal auf unserer Reise leiden wir unter dem Jetlag! Die fast 12 Stunden Aufenthalt in Dublin verbringen wir nicht in der Stadt als Touristen sondern auf dem Flughafen. Wir lesen, versuchen zu schlafen und irren ziellos in den Gängen des Flughafens umher. Das letzte Mal borden und sich in einen engen Sitz quetschen. Der Flug mit der Air Lingus ist rum- und ereignislos - kein Unterhaltungsprogramm dafür etwas kaltes zu trinken - nada! Schlechtes Wetter und die dauernde Nacht begleitet und während unseres Fluges. Nur selten erkennen wir Lichter auf dem fernen Erdboden. Erst wenige Minuten vor der Landung durchbricht das Flugzeug die Wolkendecke und wir erblicken die fremd wirkenden Lichterpunkte. Zürich, fragen wir uns, oder vielleicht doch erst Freiburg in Deutschland oder sonst irgendwo? Doch dann, kurz nach halb Neun Uhr abends berühren die Räder des Flugzeuges Schweizer Boden - und einige Minuten danach auch unsere Füsse. wir sind zurück in der Schweiz!


auf dem Greenway

Halloween in den Staaten

Hexenhaus in Salem

Wir und Andrea und Bruce

Boston von der Fähre aus 

Park in Boston

Barack Obama steigt gerade in seine Limousine ein

Ich, Eddy und Dan

Liveband - extra für uns organisiert 

Bob und ich beim Schreinern

Eddy und Jane und wir 

Kiting (Drachenfliegen)

Safe home - zuruck in der Schweiz 







Samstag, 26. Oktober 2013

Unterkunft gesucht, schwer gemacht

Es gibt 2 neue Kurzgeschichten aus dem Bereich 'Unterkunft gesucht, schwer gemacht' zu erzählen.

Die 130 Kilometer lange Fahrt nach Saint-Stephen, direkt an der Amerikanischen Grenze, haben wir suverän gemeistert, obschon die ersehnte Abfahrt Richtung Meer durch fiese Gegenanstiege immer wieder unterbrochen wurde. Es war schon spät, als wir an unserem per Internet vorbestimmten Übernachtungsort angekommen waren. Der 'nette' chinesische Besitzer zeigte uns sogleich ein Zimmer auf der Rückseite des Motels. Dieses Zimmer stank jedoch so sehr nach Rauch, dass wir uns geweigert haben in diesem Zimmer zu übernachten. Er brummte etwas von schlechten Kunden die in seinen Zimmern rauchen und machte sich auf den Weg zu einem weiteren Zimmer im Nebengebäude. Vor der Türe angekommen stellte er schockiert fest, dass jemand diese aufgebrochen hat und die Betten zerwühlt waren. Nach einem kurzen Kontrollgang stellte er fest, dass niemand mehr im Raum sei und zur Übernachtung sicher sei. Mit ungläubigem Kopfschütteln weigerten wir uns auch diesen Raum anzunehmen und hätten den letzten gezeigten Raum ebenfalls nicht akzeptieren sollen. Wir waren jedoch so müde, dass wir uns dieser bizarren Situation ergaben und schlaflos die letzte Nacht in Kanada in einem schäbigen Raum verbrachten.

Während wir in der letzten Geschichte wenigsten noch eine Unterkunft hatten, so gelang es uns bei dieser Geschichte nicht einmal eine Übernachtung zu buchen. In East Machias haben wir in einem traumhaften B&B übernachtet. Zur nächst grösseren Stadt waren es wieder etwas mehr als 100 Kilometer. Glücklicherweise hatten wir per Computer ein günstigeres B&B etwa auf halber Strecke gefunden. Guten Mutes riefen wir die Nummer des B&B's mit unserem Computer an. Als sich der Telefonanrufer meldete versuchten wir die Nachricht zu verstehen. Wir wählten die Nummer noch einmal und horchten den schnellen Worten des Anrufbeantworters. Als wir beim vierten Mal sicher waren, dass wir alles verstanden hatten und nun die neue Nummer wählen wollten, nahm jemand auf der anderen Seite ab ohne etwas zu sagen. Erst als ich mich meldete brach die gute Frau los, wir sollen endlich aufhören sie mit Telefonanrufen zu belästigen, vier Mal haben wir angerufen, es sei eine Schweinerei. Als ich ihr unsere Situation, den Wunsch einer Reservation und die vielen Anrufe erklären wollte, unterbrach sie ohne ein weiteres Wort zu sagen die Verbindung. Auch auf eine nachher geschriebene E-Mail haben wir noch keine Meldung erhalten.
Ist das nicht etwas zu paranoid für eine B&B Besitzerin?

Na ja, wir haben Liz, der Besitzerin des B&B's in East Machias, unsere Situation erklärt und uns entschlossen noch weitere 3 Nächte bei ihnen zu bleiben und sie hat uns im Gegenzug angeboten, uns mit dem Preis entgegen zu kommen und uns danach bis ins ca. 130 Kilometer entfernte Bucksport im Pick-Up mitzunehmen. Das sind noch richtige B&B Besitzer! Ganz herzlichen Dank! Mit dieser Fahrt hat sie uns aus dem, wie Eddy am Telefon gesagt hat, 'armen' Teil von Maine gefahren. Seitdem tun wir uns etwas leichter mit der Suche nach Unterkünften. Aber die Preise für eine überdachte Übernachtung sind gesalzen und gepfeffert und wir wissen nie genau, was wir für unser Geld erhalten.

Das Wetter ist für diese Jahreszeit toll. Obschon die Temperaturen täglich sinken, vermag die Sonne uns immer noch aufzuwärmen. Seit Wochen haben wir keinen Regen mehr erlebt, was überhaupt nicht normal ist, meinen die Leute, die wir treffen. Wir nehmen es wie es kommt. Auch die teilweise kräftigen Winde, die die farbenfrohen Blätter aus den Baumkronen blasen, und selbstverständlich von Süden her, vermögen unsere Stimmung nicht trüben.

Wir folgen nun bis Boston dem East Coast Greenway. Dieser Trail führt vom Norden Amerikas bis zu den Keys bei Miami und folgt meistens Nebenstrassen oder separaten Fahrradwegen. Wir geniessen die kurzen Tagesetappen auf wenig befahrenen Strassen und wärmen uns in Cafes und Restaurants wieder auf. Es sind unsere letzten Kilometer auf Nordamerikanischem Boden. In wenigen Tagen kommen wir in Boston an, unserem vorübergehenden Endziel unserer Reise (das musste ich jetzt nun so schreiben, da man ja nie weiss, wie es weitergeht).

So wie wir am 15. Juli 2012 aufgebrochen, so fahren wir mit unseren bepackten Fahrrädern nach 483 Tagen 'Ferien' am 10. November 2013 um ca. 16 Uhr in der Matte 8, 5043 Holziken ein.
Vielleicht sehen wir uns dann kurz...

Fahren im Herbst

Herbststimmung 

Farmstand mit Halloween-Kuerbissen 

Eine Rast direkt am Meer

15'250 Kilometer Pause

in der Naehe von East Machias

erledigt!

Zimmer in B&B in East Machias

Trail mit faustgrossen Kieselsteinen

Yolanda auf dem East Coast Greenway

Freitag, 11. Oktober 2013

Quebec und New Brunswick

Ach, wie ich die Zeit in Quebec vermisse. Wie schön waren doch die Tage, als wir noch am Sankt Lorenz Strom entlang radelten, überall eine vernünftige Bleibe für die Nacht fanden und uns in kleinen und guten Cafes verwöhnen lassen konnten.

Wir haben die Vorzeichen zu wenig ernst genommen. Das erste Mal passierte es uns in Mont-Joli, einer doch respektablen Stadt in Quebec. Naiv wie wir sind, steuerten wir die Touristeninformation an und fragten die nette Dame wo wir denn hier übernachten könnten. Ihre Antwort klingt immer noch in meinen Ohren. "Hier in Mont-Joli gibt es keine Unterkünfte!" Die nächste Unterkunft in unsere Richtung sei ein B+B etwa fünf Kilometer ausserhalb der Stadt, bergaufwärts!
Seit dieser Zeit informieren wir uns vor der Abfahrt, wo es welche Unterkünfte und zu welchem Preis gibt und seit wir in New Brunswick unterwegs sind, noch intensiver. Denn hier in New Brunswick haben nebst allen touristischen Attraktionen, auch die meisten Campingplätze und sogar manche Motels geschlossen und dies nicht etwa wegen einem 'Goverment Shutdown'.
Das elende Thema mit den Unterkünften hat heute eben den Höhepunkt erreicht. Wir wollen von Fredericton nach Saint-Stephen radeln, ca. 130 km,  und haben uns nach Unterkünften auf dem Weg informiert. Es gibt zwei, ein B+B, welches wir telefonisch oder per Mail nicht erreichen können und ein Motel, welches gar nicht mehr existiert. Also haben wir uns entschieden, Morgen die ganze Strecke an einem Tag zu fahren!
New Brunswick ist sowieso ein ganz spezieller Staat. In New Brunswick wird englisch und französisch Gesprochen und zwar je nach Lust und Laune in jedem Dorf wieder ein bisschen anders. Man erkennt den Wechsel am ehesten an den örtlichen Reklametafeln die entweder englisch oder französisch angeschrieben sind. Und die Zeit ist anders als noch in Quebec - eine Stunde vor, mussten wir die Zeit neu stellen. Und wer hier den französischen Flair sucht, findet diesen nicht. Hier ist wieder Amerikanisch in - grosse Pick-Ups, laute ATV (4-Rad Motorräder), Fastfood, keine hübschen Cafes sondern Tim Hortons und keine Gartensitzplätze bei Restaurants.

Genug gemault... die Landschaft hier ist phänomenal. Die Wälder haben in wenigen Tagen ihre Farbe gewechselt und die warme Herbstsonne, die hier seit 14 Tagen tagsüber fast ununterbrochen scheint, lässt die rot-goldenen Baumkronen kilometerweit leuchten. Es ist ein stilles Spektakel, das sich vor unseren Augen abspielt. Wir geniessen die Fahrradfahrt unter der wärmenden Sonne und umgeben von dieser Farbenpracht. Das Wetter entlohnt für so manches was wir sonst erleben auf unserer Fahrt (als Fahrradweg markierte Trails, die den Kiespisten Patagoniens in nichts nachstehen). Doch wir werden auch ab und zu gewarnt, dass Mitte Oktober der Winter hier einbrechen kann. Doch Schnee wollen wir hier doch 'noch' nicht erleben und deshalb zieht es uns schneller Richtung Süden, Richtung Main (USA).

Durch die intensive Übernachtungssuche nächtigen wir ab und zu in B+B's und sind fasziniert von den schönen und verhältnismässig günstigen Zimmern und der Freundlichkeit der Gastgeber. Eine Gastgeberin zum Beispiel nimmt uns in ihrem Auto auf eine 1-stündige Tour durch die Wälder Quebecs mit. Die Frühstücks sind oft so grosszügig, dass wir nicht immer alles zu essen vermögen. Ich geniesse diesen positiven Nebeneffekt, der uns die mühselige Suche eben auch bringt.

In vier Wochen ist es bereits so weit. Und deswegen beschäftigt uns unsere Heimkehr in die Schweiz mehr, als wir vermutet hätten - wie wollen wir leben, wo wollen wir leben und was wollen wir tun? Wir haben in den letzten Wochen einige Kommentare zu unserer Heimkehr erhalten, darunter auch solche, die meinen, "Ihr kommt schon nach Hause?" Und dann erwischen wir uns mit dem Gedanken, die Reise doch noch etwas weiterzuführen. Aber das geht nicht mehr, denn wir haben bereits einen Besuch im Europapark gebucht - cool nicht!?!

Unsere Reise wird trotzdem Mitte November nicht enden, denn wir werden vermutlich noch eine Weile brauchen, bis wir Zuhause angelangt sind!

Pointe-au-Père's Lighthouse, in der Nähe von Rimouski

Unterwegs durch die Wälder Quebecs 

Ausfahrt mit unserer Gastgeberin und intensiver Facebook-Userin

Kirche von Sainte-Florence

Grenzfluss zwischen Quebec und New Brunswick - 14'500km

Farbenpracht

'Veloweg' in New Brunswick 

Übernachtung im B+B, immer etwas Spezielles

14'750km 

15'000 gefahrene Kilometer!

Sonntag, 22. September 2013

Der Anfang vom Ende in Montreal

Nach 4 Tagen Zugfahrt war ich froh, endlich für mehr als nur einzelne Minuten aus dem Zug aussteigen zu können. Der Bahnhof liegt im Herzen von Downtown Montreal, nur wenige Gehminuten vom Hostel entfernt, in welches wir uns für die nächsten Tage einquartiert haben. Nachdem wir dem Irrgarten des Bahnhofes entflohen waren, dabei unsere bepackten Fahrräder Roll- und normale Treppen hochschleppen mussten, schlug uns, endlich im Freien angelangt, unglaublich dicke, feucht-warme Luft entgegen. Wir hatten uns durch den klimatisierten Zug und Bahnhof täuschen lassen und trugen nun viel zu warme Kleidung, deren wir uns sofort entledigen mussten um noch einen gravierenden Hitzestau abwenden zu können.

Der 6-er Raum im Hostel war keine Augenweide, trotzdem bot er einen nicht zu unterschätzenden Luxus, eine Liege, in welcher es mir möglich war, mit gestreckten Beinen schlafen zu können. Und ich schlief gut, in dieser ersten Nacht im Hostel, liegend und mit gestreckten Beinen. Im besagten 6-er Raum hatte sich unter anderem auch noch George, Amerikaner aus Seattle, einquartiert. Ein rüstiger Rentner, der sich in seinem hohen Alter von 85 Jahren im Trubel von günstigen Hostels wohler fühlt als in teuren Hotels und neben Italienisch, Deutsch und Spanisch jetzt Französisch an der Universität für $25 pro Quartal lernt und während den Schulferien die halbe Welt bereist. Bewundernswerter Kerl...

Montreal bietet einiges, schöne Altstadt, pulsierende Kulturstadt, schrille Partystadt und ruhige Parkstadt - aber sofort spürbar, auch etwas Frankreich. Es ist nicht nur Französisch, welches hier mehrheitlich gesprochen wird, es sind die Leute, die sich hier so offener und impulsiver geben als noch im Westen, es sind die vielen kleinen Restaurants mit Gartensitzplatz in welchen gegessen wird und es sind die Einkaufshäuser, in welchen man plötzlich so viel mehr unterschiedliche Käse, Brote sowie Früchte und Gemüse erhält. Dies bestätigt auch Roger, der Bruder von Nicole (Yolandas Freundin) mit dem wir uns in einer Bar verabreden. Er arbeitet seit 5 Jahren in Montreal an der Universität, schliesst nun bald seinen Doktortitel in theoretischer Physik ab (kreiert neues Material, welches erst theoretisch vorhergesagt wurde) und ist ein Kenner von Montreal. Er zeigt uns einige gute Bars mit Livemusik, das Wohnhaus von Leonard Cohen, einem weltbekannten, kanadischen Idols aus den 60iger Jahren und führt uns durch idyllische Gassen, fernab des hektischen Treibens.

Uns zieht es weiter. Nach gut 3 Wochen fahrradfreier Zeit freuen wir uns auf ein letztes, grosses Abenteuer. Wir geniessen die Fahrt auf den guten Fahrradwegen, geschützt vom Verkehr und abseits des Lärms. Der Indian Summer kündigt sich vereinzelt mit feuerroten Ahornbäumen in den Wäldern bereites an. Wir pedalieren entlang des St. Lorenz Stroms Richtung Quebec und fahren immer wieder durch kleine Dörfchen, die oft eine eigene Bank, Post und Laden haben. Die kleinen Cafes und Boulangeries entlang des Weges verführen immer wieder zu kurzen Stopps. Wir übernachten vermehrt drinnen, denn nach den schwülheissen Tagen in Montreal haben wir unterwegs auch die stechenden, kalten Winde aus dem Norden kennengelernt. Dabei entdecken wir schöne und ruhige B+B und Gites.

Quebec ist nochmals viel mehr Frankreich als Montreal - mehr Frankreich vermag Nordamerika vermutlich nicht erdulden. Hier gibt es an jeder Ecke Strassenkünstler, die sich singend, musizierend und malend den Weg in die Herzen der Passanten und somit in deren Geldbeutel suchen. Die Altstadt, mit dem markanten Wahrzeichen, dem Hotel Fairmont le chateau Frontenac, zieht aber-tausende Touristen zum Flanieren an. So auch an jenem Tag, an dem 4 Kreuzfahrtschiffe vor der Stadt vor Anker gehen, darunter auch die Queen Mary 2, die am Abend dann wieder pompös und stolz an der Altstadt vorbeizieht. Wir geniessen die Zeit dort sehr, auch wenn wir nur einen Tag in der Stadt verbringen - so zu sagen aus Kostengründen.

So einfach wie die Fahrt in die Stadt war, so einfach führt auch der Weg aus der Stadt hinaus. Alles auf Fahrradwegen geführt gelangen wir zur Fähre, die uns auf die andere Seite des St. Lorenz Stroms bringen wird. Von dort folgen wir diesem Richtung Nord-Westen bis wir nicht mehr wollen bzw. bis das Wetter es nicht mehr zulässt. Dann drehen wir Richtung Süden ab und fahren nach Boston, Endziel unserer Reise. 

Aufmerksame Leser und vermutlich einige Bewohner aus Holziken haben bereits mitbekommen, dass die Tour im Westen Kanadas unsere vorerst Letzte auf dieser Reise sein wird. In Montreal haben wir uns definitiv entschieden; Mitte November gehen wir in die Schweiz zurück (auch ohne Sixpack und Jesusbart). Der Entscheid ist uns nicht leicht gefallen, warten doch noch so viele wunderbare Plätze darauf, einfach entdeckt zu werden. Auch wenn es für Aussenstehende aussehen mag, als kämen wir nach Hause, so müssen wir uns dieses Zuhause erst wieder schaffen. So schwer es vor mehr als einem Jahr war, loszulassen, Verbindungen zu kappen, sich zu trennen und Dinge zurück zu lassen, so anspruchsvoll wird es nun sein, mich festzuhalten, Verbindungen neu zu binden und aufzuholen. Denn nicht alles Zurückgelassene möchte ich wieder an mich binden, es soll doch stehts Platz haben für Neues.
Doch während den vielen fahrradfahrenden Stunden im vergangenen Jahr haben sich uns eigenste Träume, Wünsche und Ideen offenbart, die uns mit der Heimat verbinden und uns nun dorthin zurückführen. Wir freuen uns sehr auf das neu zu entdeckende Altbekannte und die Nähe zu unseren Familien und Freunden. Wir wünschen uns nun eine grosse Familie mit eigenem Daheim und träumen vom Realisieren unzähliger neuer Ideen wie: Passfahrt mit Rennvelo, ‘Pilgerreise’ zu Fuss, mehrtägige Reise von Hütte zu Hütte in den Alpen, Mountainbike-Tour in den Bergen, Gitarre spielen, Radtour nach Istanbul, Besuch von Disney World in Florida, unser eigenes Haus selber bauen, meine Fahrräder selber reparieren, einen grossen Garten pflegen, ein eigenes B+B haben, Skulpturen realisieren, Buch schreiben, Künstler werden, die Geschichte der Schweiz kennen, Unterricht in Qi Gong, Tango lernen, Französisch und Spanisch lernen, Achterbahn für den Europapark planen, Zeit haben...

Wer keine Träume hat, der lebt nicht mehr! Oder...?







erste Anzeichen des Indian Summers

B+B von uns getestet

Zugbrücke bei Quebec

Ausblick auf Parlamentsgebäude von Quebec

Hotel Le Chateau Fronternac (nicht von uns ausprobiert)

im Alten Quebec

Skyline von Quebec

Queen Mary 2 bei der Ausfahrt

Sankt-Lorenz Strom

Montreal Downtown

Yolanda im Zwiegespräch 

Höhepunkt: 13'750 km


Donnerstag, 12. September 2013

Eine kleine Runde mit dem Auto drehen

Auf der Suche nach einer Autovermietung in der Stadt fragen wir in der Touristeninfo in Vancouver nach. Die unwissende Dame verweist uns dann aber aufs Internet, weil wir dort sicher eine Autovermietung finden werden. Als wir persönlich bei einem im Internet gefundenen AVIS Schalter in Downtown vorbeigehen und nach einem günstigen Auto nachfragen, werden wir etwas von oben herab bedient und mit einem viel zu teurem Auto abgespiesen. Wir sagen danke und buchen übers Internet ein Fr. 300 günstigeres Auto. 

Einige Tage später beginnen dann unsere fahrradfreien Ferien. Wir geniessen das Cruisen aus der Stadt, in den Rocky Mountains. Wir haben uns einige Ziele entlang auf dem Weg gesteckt. Unser Hauptziel ist jedoch die Ranch, auf welcher Janina momentan arbeitet. Und dort kommen wir auch nach einigen Pässen, 3 Tagen und rund 1400 km Autofahrt an.

Wir geniessen die Zeit mit Janina, helfen beim Putzen der Cabins, hagen neue Gebiet ein und helfen Kühe ‘einzutreiben’. Wir kochen gemeinsam und plaudern viel und lang. Ginny und Randy, die Chefs der Ranch sozusagen, erweisen sich als äusserst gemütliche Persönlichkeiten. Wir sitzen abends oft gemeinsam am Tisch, Essen und Witzeln bis in alle Nacht hinein. Höhepunkt ist sicherlich der 2 stündige Ausritt in die Praerie. Es ist vermutlich das erste Mal, dass ein Pferd mehr oder weniger das macht, was ich will und es fühlt sich gut an - auch wenn der Hintern nach 2 Stunden leicht schmerzt.

Auch wenn uns Ginny und Randy sofort adoptieren wollen, müssen wir weiter. Wir haben das Auto nur einige Tage gemietet und wollen noch Freunde einer Freundin von Yolanda auf einer Ranch besuchen. Die Ranch von Kathleen und Bob liegt wunderbar abseits vom Verkehr in der Nähe von Kamloops. Hier wurde der Film “Unfinished life” mit Robert Redford, Jennifer Lopez und Morgan Freeman gedreht. Es ist witzig zuzuhören, welche Geschichten Kathleen über JeLo, Robert und Morgan zu erzählen weiss. Wir dürfen bei ihnen im Haus übernachten, erhalten ein grosszügiges Essen (Lachs und Krabben) und ein Dessert im Kreise der Familie und deshalb sind wir froh, können wir uns am nächsten Tag etwas behilflich zeigen. Wir demontieren Wasserleitungen, die auf den riesigen Feldern liegen und vor dem Mähen jeweils entfernt werden müssen. Auf unsere Frage wie gross die Ranch sei, meint Kathleen nur “riesig”. Sie weiss die genaue Fläche nicht, aber sie meint etwas von mehreren tausend Acres. 

An unserem letzten Abend mit Auto überrascht uns ein heftiger Regen auf einem kurzen Spaziergang und wir kommen klitschnass zum Zelt zurück. Wir beschliessen die nassen Kleider im Auto irgendwie zum Trocknen aufzuhängen. Als es eindunkelt schlage ich Yolanda vor, das Auto und die Klimaanlage nur kurz zu starten um die Feuchtigkeit aus dem Auto zu bringen. Ich lehne mich also ins Auto, drehe den Schlüssel um den Motor zu starten und schliesse die Türe um im selben Moment zu bemerken, dass sämtliche Türen verschlossen sind. Yolanda und ich sehen uns mit grossen, sehr grossen Augen an, versuchen noch irgendwie eine Türe zu öffnen, jedoch ohne Erfolg. Der Schlüssel steckt im Auto, all unser Hab und Gut ebenfalls, auch die Nummer für die extra abgeschlossene Road-Safety-Versicherung, der Motor läuft und auf dem Zeltplatz wird es langsam aber sicher Nacht. Wir fragen uns von Zelt zu Zelt durch, bis uns jemand helfen kann. Nach einigen Telefonaten und Erklärungen und einer Stunde Wartens trifft dann eine Abschleppfirma ein, die in der Lage ist, die Türe zu öffnen

Wir wollen Bären sehen und deshalb fahren wir über Lilooet nach Whistler. Vor 4 Jahren, als wir das letzte Mal hier waren, wimmelte es nur so von Bären, angezogen von den tausenden von Lachsen im Fluss. Dieses Mal ist der Fluss noch leer, wir sehen nur vereinzelt Lachse, die konkurrenzlos hochschwimmen - aber leider keine Bären. Wir sind etwas enttäuscht und fahren nach Squamish, wo wir Bob von Vancouver Island besuchen wollen. Vor Squamisch biegen wir ins Paradies Valley ein um dort am Fluss mittagzuessen. Als wir die kleine Böschung hochlaufen und der Blick auf das Wasser frei wird, sehen wir dutzende - nein hunderte - Lachse im Wasser. Etwas weiter flussaufwärts sehen wir einen kleinen Bach einmünden und erkennen schon aus der Ferne das sprudelnde Wasser. Entgegen einigen Verbotsschildern machen wir uns auf den Weg zum Bach und stehen schon bald an diesem seichten Gewässer, welches mit hunderten von kämpfenden Lachsen gefüllt ist. Jeder Lachs der sich hier hochquält, verendet auf dem Weg oder etwas später am Ziel. Dementsprechend riecht es auch schon bereits. Es ist bewundernd zu sehen, mit welchem Drang die Fische ihr Ziel zu erreichen versuchen. Auch wenn wir keine Bären gesehen haben, so war diese Lachswanderung dennoch sehr eindrücklich

Eindrücklich ist auch Bob’s Zuhause, welches er seit Jahrzehnten am Renovieren ist. Er steckt sein Vermögen aus seinen Geschäften in sein Schloss um es später verkaufen zu können. Alles ist einmalig, speziell und handgearbeitet. Er zeigt uns sein Heim und wir staunen. Die Führung endet auf dem runden, mittelalterlich wirkenden Turm von wo aus man sein Eigentum überblicken kann. Dazu gehören auch kleine Bäche, die dieses Jahr zum ersten Mal um diese Jahreszeit mit Lachsen gefüllt sind. Bob erklärt uns, dass die Natur nicht alle Lachse an ihren Geburtsort zurueckwandern lässt. Rund 10% der Lachse erhalten ein anderes Ziel der Wanderung vorgegeben. Somit sichert die Natur den Fortbestand der Lachse, auch bei Krankheiten oder Gewässerverschmutzungen oder anderen unvorhersehbaren Dingen. Cool, nicht wahr?

Wir geben das Auto zurück, viel zu spaet, aber das merkt niemand. Und auch unsere Rechnung vom Türöffnen wird anstandlos beglichen. Wir geniessen noch einige Tage in Vancouver. Holen unsere Fahrräder wieder zurück und bereiten uns auf 4 Tage Zugfahren vor. 

Noch einmal im Thomas Haas 

Ausblick auf die Lions Gate Bridge

Der Fahrer

die Navigatorin ;-)

einmal anders unterwegs sein

wieder einmal auf einer Fähre 

hat mich erwischt - der grösste Truck der Welt. 

Arbeit am Morgen - Pferde eintreiben

gemuetliches Zusammensein - Ginny, Randy, Janina und ich

Cowboy - na ja, her nicht.

Aus diesem Stall kommen gerade Paul Newman and Morgan Freeman

Bob und Kathleen
 

auf dem Weg nach Whistler

und das auch.

in Whistler

mit Bob auf dem Turm

Bobs bescheidenes Haus ;-)
Lachswanderung