Samstag, 27. April 2013

Abschied und Neubeginn

Route: Suizandina - Chillan - Santiago - Toronto - Boston - Dighton

Wir dürfen uns nützlich machen - hier in der Suizandina. Graben Kanalisationen aus, verteilen Kies, helfen in der Küche und im Service, stapeln Holz um, sammeln Mist zusammen und schleifen und streichen den neuen Pferdestall - an Ostern spielen wir für die Angestellten Osterhase, färben und verstecken Ostereier. Wir fühlen uns wohl und haben die Leute hier in unser Herz geschlossen.

Klara, die tanzende Tochter der beiden Chefs, die mit ihrem Happyfeet-Tanz wohl schon bald eine Stepptanz-Karriere machen wird. Natalie und Oli - sie die das Frühstück bereitstellt und uns morgens jeweils herzlichst begruesst und er, der Küchenchef, der vermutlich das beste Essen ganz Chiles hier zubereitet und schon bald wieder in der Schweiz kocht. Daniela von Trub im Emmental, die erst seit kurzem in der Suizandina arbeitet, sich hier aber bereits bestens zurechtgefunden hat und es beim Jassen nur so fliessen lässt und Sina, die vor Freundlichkeit nur so strahlt, in kurzen Hosen das Essen serviert, uns morgens mit Kaffee und Muffins im Zelt weckt (natürlich auch in kurzen Hosen), nach 3 Stunden Schlaf aufsteht um Zopf für die Gäste zu backen, uns zum Mittagessen anmeldet und am liebsten einen ‘Gschobne Slalom’ jassen würde.

Ja, wir jassen aufs Heftigste, meistens beginnen wir mit dem Jassen um Mitternacht, wenn das Frühstück aufgedeckt ist und Sina und Daniela mit der Arbeit fertig sind. Bis früh in den Morgen hinein wird ‘gschobe, ‘trumpft’, ‘gwese’ und dissuktiert. Es ist also kein Wunder, dass wir hier 3 Wochen bleiben - so lange wie noch an keinem anderen Ort bisher auf unserer Reise. Wir würden auch noch länger bleiben, doch der Flug von Santiago nach Boston ist gebucht. Der Abschied von unseren Freunden fällt uns schwer und zum ersten Mal verspüre ich leichtes Heimweh - ich vermisse das gesellige Zusammensein mit Freunden und werde diese Jassrunde hier sehr vermissen. Doch Reisemüde bin ich trotzdem nicht, mich zieht es in die Ferne und der Ausblick auf eine Nordamerikadurchradelung erfreut mich.

Die Fahrt in Richtung Santiago ist nicht gross erwähnenswert. Auf der Routa 5, der Panamericana, fahrend, gelangen wir immer wieder in die Nähe von Städten, wo wir einkaufen und übernachten können - kein Abenteuer mehr wie im Süden. Auch die Bahnfahrt von Chillan ins Zentrum von Santiago ist problemlos mit den Fahrrädern möglich - entgegen so manchen anderen Berichten.

Urs, unser regelmaessiger Südamerikabegleiter, hat uns in Santiago bereits ein Zimmer gebucht und wartet schon ungeduldig auf uns. Auf einem Radweg (!) fahren wir vom Bahnhof bis fast zum Hotel. Santiago ist ruhiger als Buenos Aires, scheinbar organisierter, mit wenigen grossen Attraktionen dafür einigen guten Kaffees und reizvollen Strässchen und leider einer ständig über der Stadt schwebenden Smogwolke.
Wir nehmen - vorwiegend im Kopf - bereits Abschied von Südamerika (und Urs) und bereiten uns mit dem Sammeln von grossen Kartonschachteln auf den Flug vor. Wir verstauen unsere teilweise auseinander geschraubten Fahrräder in Kartonschachteln und unser Hab und Gut in grosse Taschen. So fliegen wir diesmal mit erheblich weniger Gepaeck - 2 Taschen a 23 kg, 2 Kartonschachteln mit Fahrrädern und 2 Stück Handgepäck.

Der Flug nach Toronto verlief ruhig, filmreich dafür schlaflos. Einzige kurze Aufregung für mich blieb die Einreise nach Amerika, die bereits in Toronto erledigt werden musste. Doch ausser der Frage nach wie viel uns die Reise kostet und wohin wir als erstes Reisen, wurden keine weiteren mehr gestellt - auch keine betreffend fehlendem Rückflugticket.

Im Flughafen von Bosten waren kaum Leute. Die Stadt noch offiziell geschlossen, nach der Schiesserei in der letzten Nacht und der immer noch laufenden Verfolgung eines flüchtigen Bombenattentäters. Wir kriegen davon glücklicherweise nicht viel mit, ausser den leeren Strassen und der ständig wiederholenden Nachrichten im Fernseher und Radio.

Wir sind froh, als wir Ed wieder sehen und er uns nach Dighton fährt - weit ausserhalb von Boston. Wir dürfen bei Ed und Jane im Haus übernachten und geniessen von der ersten Minute an ihre grosse Gastfreundschaft. Ed wartet bereits mit einer grossen Überraschung auf - NEFFA (New England Folk Festival) findet an diesem Wochenende in der Nähe von Dighton statt. Wir tauchen ein ganzes Wochenende ein in Musik und Tanz, versuchen uns selber mit Contra Dance - einer ‘vollendeten’ Art von Gemeinschaftstanz und sehen staunend zu, wie sich hunderte von Menschen durch die Stimme einer Person und den Rhythmus der Musik im Tanz führen lassen.

Spätestens jetzt realisiere ich, wir sind tatsächlich in Amerika - hier steht die Sonne am Mittag wieder im Süden, nicht im Norden - hier ist Frühling, nicht Herbst und hier werden die Tage wieder länger, nicht kürzer.
Wir geniessen den jungen Frühling hier in Amerika. Fahren mit unseren Fahrrädern längere aber auch kürzerer Strecken in der Umgebung von Dighton und besuchen Boston, eine überschaubare, freundliche und saubere Stadt - keine Anzeichen der vergangenen, turbulenten Tage der letzten Woche. Und mit Bob, einem guten Freund von Ed und Jane, haben wir bereits die erste Kanufahrt absolviert und Besuchen ein irisches Pub, in welchem Ed regelmässig in einer Band mitspielt.

Wir erleben hier in so kurzer Zeit so viele unterschiedliche Dinge, dass ich kaum noch schritthalten kann. Ich bin gespannt, was wir noch alles hier erleben werden, bevor die Fahrt gen Westen beginnt.


noch ein letzter Jass 

Unterwegs nach Curacautin



Gesellschaft beim Zelten

Aufbruch am Morgen
blos nicht auf die Autobahn... :-)

Routa 5, nichts besonderes

unser Appartement in Santiago

Ausblick auf Santiago von unserem Appartement aus
Kaffeegenuss in Santiago

Festessen mit Urs im Appartement in Santiago

Im Irischen Pub mit Dan und Ed

Boston

Kiddy Cones - Kindergroesse
 
Ed und Dan - beim NEFFA

Aufstellung zum Contra Dance

Kanu-Veloanhaenger - Bob weiss wie!